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1. Schülervorstellung und Lernschwierigkeiten
1.1 Spiegelbild und Licht
1.2 Zur Lage des Spiegelbilds
1.3 Zu Spiegeltransformationen
1.4 Zur Spiegelsymmetrie

2. Literaturhinweise

1. Schülervorstellungen und Lernschwierigkeiten

Kinder im Grundschulalter haben in der Regel schon vielfältige Erfahrungen mit Spiegeln gesammelt und dabei Vorstellungen zum Spiegelbild und seinen Eigenschaften erworben. Einige wesentliche Vorstellungen und Lernschwierigkeiten, wie sie in Untersuchungen mit Grundschülern erhoben worden sind, sind im Folgenden zusammengestellt.

1.1 Spiegelbild und Licht

Für die meisten Grundschüler sind Spiegel insofern besondere Gegenstände als sie Licht zurückwerfen, wie sie es etwa beim Blenden mit Spiegeln erfahren haben. Doch nehmen Grundschüler meist keinen Zusammenhang zwischen Spiegelbild und Licht an: Der Spiegel zeigt einem Betrachter Bilder von Gegenständen oder Personen, die vor dem Spiegel stehen; mit Licht hat das nichts zu tun. Denn für die meisten Grundschüler ist es nur schwer akzeptabel, dass von Licht bestrahlte Gegenstände auch Licht wieder abstrahlen. Wird der Begriff 'Reflexion' verwendet, kann nicht davon ausgegangen werden, dass er im physikalischen Sinn und in Deckung mit dem Reflexionsgesetz benutzt wird. Spiegelbild und Reflexion stehen in der Regel unverknüpft nebeneinander.

Die Erarbeitung des Zusammenhangs von Bild- und Lichtreflexion ist keine Aufgabe des Sachunterrichts in der Grundschule. Wenn im Sachunterricht hierzu grundlegende Erfahrungen vorbereitet werden und Blendexperimente, z.B. mit Taschenlampe und Spiegel, durchgeführt werden, ist Vorsicht angebracht. Denn sie können nachteilige Auswirkungen auf Vorstellungen über das Sehen von Gegenständen haben. Immerhin greifen Grundschüler manchmal auf Blendepisoden zurück, wenn sie erklären sollen, dass Gegenstände nicht gesehen werden, dann nämlich, wenn „das Auge geblendet“ wird und „zuviel Licht ins Auge kommt“.

1.2 Zur Lage des Spiegelbilds

In schriftlichen Befragungen von Grundschülern (3. und 4. Jahrgang) antwortete die Mehrheit, sie sehe ihr Spiegelbild im Spiegel und greift damit auf eine im Alltag übliche Formulierung zurück. In Interviews zeigten Grundschüler häufig Schwierigkeiten bei der Lokalisierung des Spiegelbildes (von Gegenständen) hinter einem Spiegel. Sie zeigten Hemmungen bei der Ausführung einer im Alltag ungewöhnlichen Situation, nämlich hinter einen Spiegel zu fassen, um das Spiegelbild zu lokalisieren. Der Konflikt zwischen Wissen und Wahrnehmung scheint spontan die Entscheidung zu bestimmen: Da die Kinder wissen, dass hinter dem Spiegel nur eine Wand oder nichts ist (Spiegel hängen für gewöhnlich an der Wand oder man kann es durch Hinfassen überprüfen), weigern sie sich zuzugeben, dass das Spiegelbild hinter dem Spiegel ist. Möglicherweise halten Kinder das Spiegelbild auch für eine optische Täuschung. Lerneffekte treten hinsichtlich der Handlung dann auf, wenn die Kinder erkennen, den Bildraum hinter dem Spiegel zu berücksichtigen. Doch bleibt auch dann meist der Konflikt zwischen Wahrnehmung und Vorstellung bestehen. Grundschüler äußerten häufig: Man sieht das Spiegelbild hinter dem Spiegel, aber es ist auf dem Spiegel.

In gesonderten Befragungen wurde mit Grundschülern (2. und 4. Jahrgänge) ein Informationsangebot zur Lage des Spiegelbildes hinter dem Spiegel diskutiert und experimentell erprobt. Dabei wurde konsequent überprüft, wo die Schüler das Spiegelbild sehen und nicht wo es ist. Es bestätigte sich die Annahme, dass für Grundschüler ein Informationsangebot zur Lage des Spiegelbilds hilfreich ist, wenn dabei vom Sehen virtueller Bilder ausgegangen wird.

Außerdem vermuten Grundschüler häufig die Lage des Spiegelbildes eines Gegenstands vor dem Spiegel in Abhängigkeit von der Beobachterposition, und dann meistens in verlängerter Blickrichtung zum Gegenstand. Bei gezielten Beobachtungen des Spiegelbilds aus unterschiedlichen Positionen muss jedoch mit weiteren Irritationen gerechnet werden. Denn bei einem Wechsel der Beobachterposition verändert sich die Lage des Spiegelbilds bezüglich des Spiegelrands, was Grundschüler dazu verleiten kann, irrtümlich eine Ortsänderung des Spiegelbilds anzunehmen.

1.3 Zu Spiegeltransformationen

fachinfo_wuerfelNicht nur bei Grundschülern ist die Vorstellung weit verbreitet, dass der Spiegel links und rechts vertauscht (siehe Sachinformationen). Werden Spiegeltransformationen im Sachunterricht behandelt, so sollte von einer gezielten Beobachtung von Gegenständen und ihren Spiegelbildern ausgegangen werden, da bei ihnen intuitiv am wenigsten Schwierigkeiten zu erwarten sind. Besonders geeignet sind unsymmetrische Gegenstände. Wird z.B. ein Würfel vor einen Spiegel gestellt (siehe folgende Abbildung), so sieht ein Beobachter die Ziffern auf der linken, rechten, oberen und unteren Seite beim Spiegelbild ebenfalls links, rechts, oben und unten. Aber beim Spiegelbild ist dem Beobachter jetzt diejenige Seite zugewandt, die beim Würfel hinten ist. Die Vorderseite des Würfels (vom Betrachter aus beurteilt) erscheint dem Betrachter beim Spiegelbild als Rückseite. D.h. rechts, links, oben und unten sind unverändert, aber vorn und hinten sind beim Spiegelbild gegenüber dem Gegenstand vertauscht. Im Unterschied dazu wird beim eigenen Spiegelbild am ehesten irrtümlich eine Seitenvertauschung angenommen.

 

 

1.4 Zur Spiegelsymmetrie

Grundschüler können Schwierigkeiten bei der Unterscheidung spiegelsymmetrischer Figuren haben. Sie identifizieren meist vertikal orientierte achsensymmetrische Figuren leichter und schneller als horizontal symmetrische. Sie sollten daher Angebote erhalten zur Untersuchung spiegelsymmetrischer Figuren, bei denen die Lage der Spiegelachse variiert (horizontal, vertikal, schräg). Nehmen die Schüler einen Spiegel zu Hilfe, so müssen sie die Gesamtheit einer spiegelsymmetrischen Figur – bestehend aus Original und Spiegelbild – wahrnehmen.

Wenn Schüler Teilfiguren spiegelsymmetrisch ergänzen, gibt es drei prinzipielle Schwierigkeitsgrade: das Herstellen oder Zeichnen der spiegelsymmetrischen Gesamtfigur a) bei achsgebundenen Teilfiguren, b) bei nicht an die Spiegelachse gebundenen Teilfiguren und c) achsenüberschreitenden Figuren.

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Aufgabentyp (b) ist schwieriger als (a), weil jeweils auch der Abstand zur Spiegelachse mit berücksichtigt werden muss und die Gesamtfigur aus zwei getrennten Teilen besteht. Eine weitere Steigerung im Schwierigkeitsgrad liefert Typ (c). Vielfach wird von Grundschülern irrtümlich angenommen, die Spiegelung sei lediglich die Abbildung einer Halbebene auf die andere. Durch eine Spiegelung an einer festen Achse wird aber jede Halbebene auf die andere und die Punkte der Achse auf sich selbst abgebildet. Deshalb sollten auch solche Figuren symmetrisch ergänzt werden, die teilweise in beiden Halbebenen vorgegeben sind. Die Überprüfung mit dem Spiegel muss dann von beiden Seiten her erfolgen.

2. Literaturhinweise

BLUMÖR,R., WIESNER,H.: Vorstellungen und Lernexperimente bei Primarstufenschülern zum Spiegelbild I. In: Sachunterricht und Mathematik in der Primarstufe 20 (1992) S.26

BLUMÖR,R., WIESNER,H.: Vorstellungen und Lernexperimente bei Primarstufenschülern zum Spiegelbild II. In: Sachunterricht und Mathematik in der Primarstufe 20 (1992) S.50-54

Blumör, Rüdiger
Schülerverständnisse und Lernprozesse in der elementaren Optik, 1993

CLAUS,J., E.STORK, H.WIESNER: Optik im Sachunterricht? Eine empirische Untersuchung zu Vorstellungen und Lernprozessen. In: Sachunterricht und Mathematik in der Primarstufe 10 (1982) S.82-92

CLAUS,J., H.WIESNER: Vorstellungen zu Schatten und Licht bei Schülern der Primarstufe. In: Sachunterricht und Mathematik in der Primarstufe 13 (1985) S.318-322