Themenbild

Nachricht

Schülervorstellungen zum Wetter

Die Berücksichtigung der Vorstellungen der Grundschulkinder ist für einen erfolgreichen Unterricht unumgänglich. Es sei denn, man begnügt sich mit rein phänomenologischen Beschreibungen (Niederschlagsarten, Wolkentypen, Jahreszeichen mit typischen Merkmalen, …). Die Kenntnis der Schülervorstellungen und Lernschwierigkeiten ist hilfreich für die Unterrichtsplanung und die Kommunikation im Unterricht.

Eine Unterrichtssequenz Wetter umfasst mehrere Teilthemen. Die Zusammenstellung der Vorstellungen erfolgt für die in Tabelle 1 aufgeführten Bereiche:

Wetter

Wind

Sonne

Wasser

Wetterphänomene

Eigenschaften von Luft

 

 

Wärme/Temperatur

Zustandsformen

Verdunsten –

Kondensieren

Wind

Himmelsmechanik

Jahreszeiten

Wolken/Nebel

Wasserkreislauf

                                  Austausch von Wärme(energie)

Tabelle 1: Inhaltsbereiche zu den Schülervorstellungen zum Thema Wetter

 

Bei der Beschreibung der Vorstellungen folgen wir vor allem den Arbeiten von Driver u.a. (1994) und Wiesner & Schieder (1997). Die Ausführungen zu Luft sind zum größten Teil der didaktischen Information zum Themenfeld Luft entnommen. Sie werden hier ausführlich wiedergegeben, da Luft für das Wettergeschehen eine zentrale Rolle spielt.

a) Schülervorstellungen zu Luft

Ein rudimentäres Verständnis von Materie und Objektkonzepten ist bereits zu Beginn der Grundschule vorhanden. "Schon Säuglinge wissen bzw. erwarten, dass materielle Objekte dauerhaft existieren, (…), dass sie aus solider Substanz bestehen und Effekten wie der Schwerkraft und Trägheit unterliegen" (Hasselhorn et al. 1998). Eine besondere Herausforderung bei der unterrichtlichen Bearbeitung des Themas Luft dagegen ist es, dass Luft eben nicht 'unmittelbar sichtbar' ist. Allerdings haben Kinder vielfältige Erfahrungen mit Luft, an die der Unterricht anknüpfen kann.

Luft als Materie

Gase werden von Kindern im Gegensatz zu Flüssigkeiten und Feststoffen weniger als Materie wahrgenommen, da sie meist unsichtbar und nicht greifbar sind. Der Begriff 'Gas' wird von Kindern häufig mit 'negativen' Eigenschaften wie 'giftig', 'übel riechend' oder 'brennbar' assoziiert. 'Luft' hingegen verstehen sie als etwas Frisches und Gesundes (vgl. Kahlert 2007).

Bereits im Alter von fünf Jahren sind sich alle Kinder über die Existenz der Luft bewusst (vgl. Driver 1994). Die meisten Kinder erfassen sie jedoch nur in bewegten Phänomenen, bei denen die Luft spürbar wird. Die Existenz von Luft auch in statischen Situationen wird mit ca. acht Jahren akzeptiert. Dass die Luft nicht 'Nichts' ist und ein Gewicht besitzt, ist für viele Kinder intuitiv nicht vorstellbar. Selbst einige Kinder mit 12 Jahren haben noch die Vorstellung, dass Luft kein oder sogar ein „negatives“ Gewicht besitzt, da sie Gase als etwas Leichtes sehen, das tendenziell nach oben steigt, ohne dass auf sie eine Gewichtskraft wirkt.
Luft ist für uns Lebewesen zum Atmen notwendig, was schon Kinder im Alter von fünf Jahren äußern. Mit acht Jahren wissen sie bereits, dass die eingeatmete und die ausgeatmeten Luft verschieden sind. Kinder ab 12 Jahren unterscheiden auch qualitativ und äußern, dass die eingeatmete Luft mehr Sauerstoff als die ausgeatmete enthält und ein Gasaustausch beim Atmen stattfindet (vgl. Driver 1994).

Luft nimmt Raum ein

Für Kinder ist es generell kein Problem zu verstehen, dass sich auch in einem offenen Behälter nicht Nichts, sondern Luft befindet. Einige Schüler machen sogar Aussagen über die Verteilung der Luft, dass diese sowohl 'rein' als auch 'raus' geht. Im Gegensatz dazu, sind sich nur wenige jüngere Schüler sicher (erst mit 12 Jahren), dass sich auch in einem geschlossenen Behälter Luft befindet und diese den Platz beansprucht. Die Eigenschaft der Gase, durch Volumenänderung komprimiert zu werden, ist in den Vorstellungen der Kinder ab 12 Jahren enthalten (vgl. Driver 1994).

Warme und kalte Luft

Kinder vermuten vor dem Unterricht, dass Luft erwärmt oder gekühlt werden kann, jedoch ohne dabei ihre physikalischen und chemischen Eigenschaften zu ändern. Zustandsgrößen wie Volumen oder Dichte werden in ihren Vorstellungen und Erklärungen nicht berücksichtigt. Bei einer Versuchsanordnung, in der eine "leere" Flasche mit einem auf den Flaschenhals gestülpten Luftballon in heißes Wasser gestellt wird, sind sich die Kinder durchaus bewusst, dass die erwärmte Luft in den Luftballon "rein" geht, sie stellen sich aber auch vor, dass die Flasche dadurch unten leer wird. Die Kinder denken also vielmehr, dass erwärmte Luft nach oben steigt und weniger, dass sie sich in alle Richtungen ausdehnt und mehr Raum benötigt.

Luftdruck

Das Phänomen des Luftdrucks ist den Kindern weniger zugänglich, da sie ihn selbst nur in bestimmten Situationen bewusst erfahren haben (Bergsteigen, Flugzeug). Dennoch äußern bereits jüngere Kinder im Alter von acht Jahren, dass die Luft einen Druck auf Gegenstände ausüben kann, wobei jedoch angenommen wird, dass dies nur möglich ist, wenn die Luft durch eine externe Kraft bewegt wird. Statische Zustände werden demnach ausgeschlossen (unbewegte Luft tut "nichts").
Was die Richtung der Kraft betrifft, die durch den Druck wirkt, so denkt ein Viertel aller 12-Jährigen, dass diese in Bewegungsrichtung der externen Kraft oder - bei bewegter Luft (Wind) - ausschließlich nach vorne gerichtet ist. Nur einige Kinder äußern, dass die Kraft in alle Richtungen wirkt (ein Drittel der 16-Jährigen) und auch ruhende Luft eine nach unten gerichtete Kraft ausübt.
Bei einem statischen Zustand – Windstille – wirkt sich der Druck senkrecht nach unten aus (nicht in alle Richtungen).

Bei der Verwendung von Alltagsgegenständen wie Strohhalm oder Spritze gibt es lediglich die Vorstellung des Saugens und Ziehens (durch den "Unterdruck") und nicht, dass der größere äußere Luftdruck die Flüssigkeit in den Halm bzw. in die Spritze drückt (siehe auch Sachinformationen zum Themenfeld Luft)), was auch bei den 16-Jährigen nur ein Drittel richtig äußert. Dies hängt damit zusammen, dass sich die Kinder bei Erklärungen zum Luftdruck erst mit 16 Jahren auf Vergleiche und Unterschiede zwischen innerem und äußerem Luftdruck beziehen, was in den vorhergehenden Altersphasen nicht berücksichtigt wird (vgl. Driver 1994, Kahlert 2007).

b) Schülervorstellungen zur Entstehung der Jahreszeiten

Das Nennen der Jahreszeiten bereitet den Kindern keine Probleme. Auf die Frage „Wie entstehen Jahreszeiten?“ äußerte die Mehrzahl der Grundschüler in einer Befragung erwartungsgemäß keine spontane Vorstellung über die himmelsmechanischen Ursachen. Anhand eines Erde-Sonne-Modells zeigte sich aber, dass fast allen Kindern Planetenbewegungen bekannt sind. Hinsichtlich der Rotation der Erde um die Sonne und ihrer Eigenrotation bestehen bei ca. 50% der Schüler Fehlvorstellungen. Mit Hilfe des Wärmestrahlerversuchs (s. UE 4) sollte in einer Befragung herausgefunden werden, welchen Unterschied die Sonneneinstrahlung (schräger Lichteinfall/senkrechter Lichteinfall) bewirken kann. Von 21 befragten Schülern vermuteten 12 richtigerweise, dass die Erde mit dem schräg einfallenden Licht kühler ist. Fünf Kinder konnten dies mit der größeren Fläche begründen. Andere führten den dunkleren Untergrund oder einfach nur die Schrägstellung an. Ein Viertel der Kinder erwartet, dass der größere Fleck (bei schrägem Einfall) wärmer sein wird, „weil dort mehr Licht hinkommt.“ Im Anschluss an die Versuchsdurchführung haben fast alle Schüler durch Fühlen bzw. Messen der Temperatur den Effekt der unterschiedlichen Erwärmung erfahren. Ungefähr die Hälfte der Kinder führte dies nun darauf zurück, dass sich mehr Licht auf eine kleinere Fläche konzentriert und diese deshalb wärmer wird.

c) Schülervorstellungen zu Wärme und Temperatur

Kinder bringen im Alter von ca. vier Jahren Wärme mit heißen Körpern in Verbindung. Dass Wärme mit ihren Wirkungen wahrgenommen wird, findet in der Regel ab dem sechsten Lebensjahr statt. Ab ungefähr acht Jahren entwickeln die Schüler ein Bewusstsein dafür, dass nicht nur Flammen oder andere Körper Hitze bewirken können, da dies auch durch mechanische Vorgänge (z.B. Reibung) geschehen kann. Vorstellungen über den Wärmetransport und über Wärmegrade setzen ebenfalls ab ca. acht Jahren ein. Eine stabile Auffassung über die Modellvorstellung von Wärmeerscheinungen bildet sich zwischen zehn und zwölf Jahren aus. Hinsichtlich des Wärmestoffes findet ein häufiger Vergleich von Wärme mit Rauch, Dampf und Luft statt.

Ausführlicher wird in den Fachdidaktische Informationen über Schülervorstellungen zu Temperatur und Wärme berichtet.

d) Schülervorstellungen zum Wetter

Im Rahmen von Interviews und einer Akzeptanzbefragung*) mit Schülern dritter Klassen wurden von Schieder (1997) drei Kernthemen des Wetters (Wind, Wolken und Jahreszeiten) untersucht. Von Erdmann und Kiermaier, M. (2006) wurden weitere Untersuchungen zur Nebel- und Wolkenentstehung durchgeführt.

Luft / Wind

Auf die Frage: „Was ist Wind?“ konnten fast alle Schüler die mit dem Wind in Verbindung auftretenden Erscheinungen (Bewegung der Blätter), aber keine Erklärungen des Phänomens nennen. Auf direktes Hinführen der Interviewer konnte der Großteil der Schüler die Verbindung herstellen, dass es sich bei Wind um bewegte Luft handelt. Die Deutung der Windrichtung mit Hilfe einer Kerzenflamme, die angepustet wurde, hat die Mehrzahl der Kinder richtig beschreiben können. Über die Windentstehung hatten die Kinder keine konkreten Vorstellungen. Wenn sie etwas angeben, dann meist im Sinne des „artifiziellen Zirkels“ (Piaget): Die Bäume bewegen sich und setzen die Luft in Bewegung (= Wind), und von diesem Wind werden wiederum die Bäume in Bewegung gesetzt.

Die Beobachtung von aufsteigenden Flaumfedern über einer Heizplatte und die Neigung einer Kerzenflamme zur Herdplatte hin (die Kerze steht neben der Heizplatte), legt den Kindern einen Luftströmungszyklus nahe.

Verdunsten und Kondensieren

Um Vorstellungen für das Verständnis über Verdunstung zu erhalten, wurde eine Schiefertafel mit Wasser nass gemacht und die Kinder mit der Frage konfrontiert: Wohin ist das Wasser verschwunden? Fünfzehn von 20 befragten Schülern äußerten spontan, das Wasser wäre in die Tafel eingezogen. Bei der Verdunstung auf einer Metallplatte (in die das Wasser nicht einziehen kann) stellte sich heraus, dass die Vorstellung, dass Wasser sich in Nichts auflöst, erheblich plausibler als eine Substanzerhaltung ist (z.B. im Sinne der Verteilung von Wasserteilchen in der Luft). Die Nennung von Beispielen für Verdunstung bereitete keine großen Schwierigkeiten.

Die Kondensation wurde mit einer mit Eiswasser gefüllten, verschlossenen Flasche gezeigt, an der sich Kondenswasser absetzt. Zwei von den insgesamt 20 Kindern vermuteten richtig, dass sich der Becher außen feucht beschlägt. Im Anschluss an die bestätigende Beobachtung, das sich an der Außenfläche des Bechers Tropfen gebildet haben, erklärten neun Schüler dies damit, dass Wasser durch den Becher gesickert ist. Fünf Kinder beschrieben das Ergebnis richtig als Kondensation mit Wasser aus der Luft, das durch die Kälte wieder sichtbar wurde.

Das Wasser steigt aus dem Becher nach oben heraus und schlägt sich an den Außenwänden des Bechers nieder, war für vier Schüler eine Erklärung. Weitere Schüleräußerungen gingen dahin, dass Kälte als nass und Hitze als trocken beschrieben wird. Und somit muss die Kälte, die durch den Becher dringt, nass sein. Das Nennen von Beispielen aus dem Alltag fiel den Schülern schwer.

Nebel, Wolken und Regen

Die häufigste Antwort auf die Frage was Nebel sei, war, dass es sich bei Nebel um Wasserdampf oder Wasser handelt. Für einige Schüler besteht Nebel aus kalter Luft. Wie Nebel entsteht erklärte fast die Hälfte der Schüler mit dem Zusammenkommen von Luft und Regen oder Wasserdampf.

Ohne Anschauungsmaterialien wurden in einer anderen Untersuchung 13 Schüler befragt, was Wolken sind. Für vier Kinder sind Wolken Nebel. Zwei andere Schüler nannten Schnee und Wasser als Bestandteile der Wolken und drei weitere gaben an, dass Wolken aus Wasserdampf seien. Wolken bestehen aus weißer Luft wurde von drei Schüler als Beschreibung angegeben. Fünf Kinder konnten keine Vorstellung darüber äußern, was Wolken sind. Auf die Frage: „Wie Wolken entstehen“ konnten zwei Schüler eine Vorstellung über aufsteigenden Wasserdampf äußern (im Sinne der Alltagsbezeichnung von sichtbarem Dampf über siedendem Wasser).

Einige Kinder sind der Meinung, dass die Wolken von einer Hülle umschlossen sind, welche z.B. platzen, wenn Wolken zusammenstoßen oder zu viel Wasser angesammelt ist. Für zwei Schüler schmilzt die Wolke und vier Schüler gaben an, dass sich das Wasser in der Wolke nicht halten kann und somit zu Boden fällt. Fünf Kinder waren nicht in der Lage eine Vorstellung zu äußern.

Gelegentlich findet man auch die Vorstellung, dass Wolken wie Schwämme sind, die Wassertropfen enthalten.

Wasserkreislauf

Zu Beginn der Grundschule haben die Kinder noch keine Vorstellung eines Wasserkreislaufs. Einige haben die Idee, dass sich die Wolken aus den Meeren Wasser holen und dieses als Regen in anderen Gegenden abladen. Der Mechanismus der Wolkenbildung ist ihnen unklar.

 

Zusammenfassung und Folgerungen

Aus den untersuchten Schülervorstellungen wurde ersichtlich, dass einerseits Grundschulkinder Wetterphänomene vor Unterricht nicht zufriedenstellend erklären können. Dies ist auch zu erwarten. Aber andererseits können sie – wie die Untersuchung mit Akzeptanzbefragungen gezeigt hat - durch geeignete Angebote im Unterricht zu einem grundlegenden Verständnis von Wettererscheinungen gebracht werden.

 

*) Akzeptanzbefragung: Eine Einzel-Lehrsituation, in der physikalische Phänomene präsentiert werden, um anschließend herauszufinden, ob diese von den Lernenden verstanden und akzeptiert wurden. Ziel ist die Überprüfung der Angemessenheit eines Lehrangebots.