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Inhalt:

1.1 Historisches Lernen im Sachunterricht
1.2 Warum ein reflektiertes Geschichtsbewusstsein grund legen?
1.3 Geschichtskultur der GrundschülerInnen
1.4 Geschichtsbewusstsein der GrundschülerInnen
1.5 Kritisch-reflektierter Umgang mit Geschichte
1.6 Geschichte ist ein Konstrukt, das sich ständig verändert

 

1.1 Historisches Lernen im Sachunterricht

Historisches Lernen findet in der Grundschule vorwiegend im Sachunterricht statt. Über dessen Zielsetzung, den Kindern zu helfen, sich ihre Lebenswelt zunehmend selbstständig zu erschließen, besteht allgemeiner Konsens in der didaktischen Diskussion. Die zu gestaltenden Lernprozesse müssen sowohl lebensweltlichen als auch fachdidaktischen und fachlichen Ansprüchen gerecht werden (vgl. Literaturhinweise: Kahlert, Die historische Dimension, S. 86).

1.2 Warum ein reflektiertes Geschichtsbewusstsein grund legen?

Aus geschichtsdidaktischer Perspektive gilt als oberstes Leitziel für historisches Lernen, ein reflektiertes Geschichtsbewusstsein (siehe Abbildung) anzubahnen.

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1.3 Geschichtskultur der GrundschülerInnen

Nicht nur Erwachsene, sondern gerade GrundschülerInnen begegnen in ihrem Alltag überall Formen von Geschichte: mehr oder weniger bewusst beim Lesen eines Sachbuchs, Romans oder Comics über die Römer, beim Spielen mit einer Burg und Playmobil-Rittern, beim Fernsehen oder beim Besuch eines Mittelalter-Events am Wochenende mit ihren Eltern. So unterschiedlich wie die Formen von Geschichte in unserem Leben (Geschichtskultur - siehe Grafik) erscheinen, so different sind auch die Ziele, die sich jeweils damit verbinden lassen. Während ein Sachbuch in der Regel ein möglichst gesichertes Wissen über die Vergangenheit, orientiert am neuesten wissenschaftlichen Kenntnisstand vermitteln möchte, zielt eine CD-Rom wie „Die Siedler“ doch eher auf den Unterhaltungswert denn auf sachlich belegbare Korrektheit und Objektivität historischer Phänomene ab.

1.4 Geschichtsbewusstsein der GrundschülerInnen

Die bei der Begegnung mit Geschichte und historischen Überresten gewonnenen Eindrücke, das Wissen und die Deutungen über die Vergangenheit bilden in unserem Denken und Vorstellungen das Geschichtsbewusstsein (siehe Grafik).

Objektiv belegbares Wissen vermischt sich in den Köpfen (nicht nur) von GrundschülerInnen mit Anachronismen, ausgewogene Wertungen und Sachurteile mit einlinigen Deutungen, differenzierte und abwägende Informationen mit Pauschalaussagen wie „die Geschichte wurde von großen Männern gemacht“. Dieses in der frühen Sozialisation sich bereits bildende Geschichtsbewusstsein ändert sich zwar ständig, doch halten sich schiefe Vorstellungen oft hartnäckig bis in das Erwachsenenalter. Die Kinder werden als Erwachsene dann täglich über die Medien, vor allen Dingen in der Politik mit Geschichte konfrontiert, wo sie nicht selten manipulativ missbraucht wird (vgl. Literaturhinweise: Wolfrum, Geschichte als Waffe, 2001).

1.5 Kritisch-reflektierter Umgang mit Geschichte

Ein verantwortungsbewusster Sachunterricht muss deshalb bereits GrundschülerInnen anleiten, kritisch mit Geschichte umzugehen. Die folgende Fragehaltung gilt es bei den Kindern zu wecken:

„Stimmt das eigentlich, was hier über die Vergangenheit vermittelt wird, ist das zu belegen oder wurden hier auch Dinge erfunden und dazugedichtet. Was möchte diese Art von Geschichte beim Adressaten erreichen?“

1.6 Geschichte ist ein Konstrukt, das sich ständig verändert

Historisches Lernen im Sachunterricht kann sich aber nicht darauf beschränken, ein möglichst lückenloses und methodisch gesichertes Wissen über die Vergangenheit im Geschichtsbewusstsein der Kinder verankern zu wollen. Dies alleine macht noch kein reflektiertes Geschichtsbewusstsein aus.

Das Geschichtsbewusstsein stellt einen inneren Zusammenhang von Vergangenheitsdeutung, Gegenwartsverständnis und Zukunftserwartung her (vgl. Literaturhinweise: Jeismann, Didaktik, S. 54).

Das historische Wissen, wie es sich heute präsentiert, ist ein Konstrukt von Menschen der Gegenwart, das einer Wandlung unterworfen ist. Die Fragestellungen an die Vergangenheit ändern je nach den Bedürfnissen der Menschen, aber auch die Quellenlage und die Forschungsmethoden variieren. Folglich ändern sich auch jeweils die Konstrukte von Vergangenheit im Geschichtsbewusstsein.

Dieser Konstruktcharakter von Geschichte muss den SchülerInnen bewusst gemacht werden. Denn „die“ allein gültige und korrekte Geschichte gibt es nicht.