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Unterrichtsverlauf in Schritten für Teil 1

„Warum kamen so viele Menschen zu dem Kreuz?“

Zeit:
1. Teil: 60 Minuten
2. Teil: 45 Minuten

Hinweis:
Für diese Einheit sollte man wieder die Kirche als Lernort wählen. So kann man einerseits mit den originalen Bildern dort arbeiten und braucht andererseits keine Fotografien anzufertigen. Außerdem darf man die auratische Wirkung von historischen Orten nicht unterschätzen.

Möchte man aber gerne im Klassenzimmer weiterarbeiten, wird man einige vergrößerte Fotografien als Impulsgeber bzw. als Arbeitsmittel anfertigen.

1. Schritt: Hinführen auf die Frage an die Vergangenheit
  • Optischer Impuls zum Anknüpfen an die Fragestellung, die am Ende der vorangegangenen Einheit entwickelt wurde: Die Lehrkraft deutet auf das Forstenrieder Kreuz.
     
      1_2_5_kirche_kreuz Hl. Kreuz Forstenried, Ansicht Kreuz  
  • Schüleräußerungen: „Das ist das romanische Holzkreuz. Wir haben uns gefragt, warum so viele Menschen im Mittelalter zu diesem Kreuz kamen, wie es in der Urkunde aus dem Jahr 1433 steht.“
  • Impuls: „Vielleicht hast du eine Vermutung, vielleicht hast du auch schon überlegt, welche Quellen uns hier Antwort geben können!“
  • Schülervermutungen (Transfer der Erkenntnisse der vorangegangenen Einheiten) etwa: „Vielleicht hat das Kreuz den Menschen gut gefallen, sie wollten es sehen. Es könnte sein, dass schriftliche Quellen aus der Entstehungszeit des Kreuzes im Archiv vorhanden sind.“
2. Schritt: Erste Antwortvermutung mittels Bildquellen
  • Optischer Impuls: Die Lehrkraft führt die SchülerInnen zu bildlichen Quellen, die an den Chorwänden der Kirche hängen: Bild vom Ochsenkarren- und Blutschweißwunder.
  • Schülerspontanäußerungen: „Auf den Bildern ist das Kreuz zu sehen, auf einem Bild liegt es auf einem Ochsenkarren, auf dem anderen sind Tropfen am Kreuz. Anscheinend geschahen besondere Dinge an unserem Kreuz. Vielleicht kamen deshalb so viele Menschen.“
  • Überleitung Lehrkraft: „Ihr habt vermutet, es könnte eine schriftliche Quelle geben, die uns vielleicht weiterhilft. Tatsächlich existiert ein altes Messbuch aus Andechs, in dem auf einigen Seiten auch über die Dinge etwas aufgeschrieben ist, die auf den Bildern zu sehen sind.“
  • Klärung, was ein Messbuch ist, was darin noch stehen könnte: „Es könnten alte Gebete darin stehen, die beim Gottesdienst gebetet wurden.“
  • Kurze Klärung, wo Andechs liegt und dass sich dort eine bekanntes altes Kloster befindet.
3. Schritt: Inhaltliche Erschließung des Eintrags im Andechser Messbuch
  • Die Lehrkraft liest den SchülerInnen den zusammengefassten Inhalt vor (siehe Materialteil zu dieser Einheit ): „Ich habe den Text aus dem Messbuch für euch zusammengefasst. Die originale Quelle liegt im Staatsarchiv in München.“
  • Spontanäußerungen: „Das Forstenrieder Kreuz hat ein Graf aus Andechs anfertigen lassen. Mönche bauten hier im Jahr 1229 eine Kirche für das Kreuz. Es hat mich gewundert, dass die Ochsen gerade hier stehen blieben usw.“
  • Inhaltliche Klärung des Textes im Unterrichtsgespräch mit Hilfe einer Kartenskizze (siehe Materialteil zu dieser Einheit) zur besseren geographischen Orientierung (hieran können die SchülerInnen die Schauplätze der Erzählung jeweils zeigen); möglicher einleitender Impuls: „Du hast also erfahren, wer das Kreuz anfertigen ließ!“
     
      1_4_kartenskizze_vorschau
  • Bezug zu den Wunderbildern der Kirche: „Auf den Bildern ist gemalt, wie das Kreuz schwitzt und wie der Ochsenkarren nicht mehr vorwärts kommt.“ (siehe Materialteil zu dieser Einheit) 
  • Impuls: „Die Mönche und die Leute damals dachten also wohl, dass das Kreuz ein ganz besonderes Kreuz sein muss!“
  • Schüleräußerungen: „Ja, denn erst hat es der Tochter des Grafen deren Heirat vorausgesagt. Dann enthielt es ein Stück der Dornenkrone von Jesus. Außerdem hat es vor der Zerstörung der Burg geschwitzt und die Ochsen, die das Kreuz transportieren, bewegten sich in Forstenried nicht mehr weiter. Wahrscheinlich sind dann wegen dieser besonderen Dinge viele Leute zu dem Kreuz gekommen. Sie wollten es bestimmt sehen.“
4. Schritt: Beurteilung des Aussagewertes der Erzählung
  • Impuls: „Glaubst du eigentlich, dass die Dinge damals wirklich so geschahen?“
  • Schüleräußerungen: „Ein Holzkreuz kann keine Dinge voraussagen. Auch kann Holz nicht einfach so schwitzen.“
  • Impuls: „Wie wir aber schon wissen, kamen sehr viele Leute zu diesem Kreuz, wahrscheinlich glaubten sie also die Geschichte!“
  • Schülervermutungen: „Die Menschen damals dachten etwas anders als heute; sie wollten sich z.B. durch Stiftungen ein gutes Leben für die Zeit nach dem Tod sichern; vielleicht erhofften sie sich das auch, wenn sie das Kreuz zu Gesicht bekamen.“
5. Schritt: Auseinandersetzung mit der Glaubensvorstellung mittelalterlicher Menschen: Analyse von Sachtexten
  • Arbeitsauftrag Sachtexte zu lesen: „Über die Gedanken der Menschen damals haben Historiker geforscht.“
  • Klärung, welche Tätigkeit ein Historiker ausübt: Sein Beruf ist es, Fragen an die Vergangenheit mit Quellen zu beantworten.
  • Kommentierendes Einführen der Sachtexte: „Folgendes haben sie durch verschiedene Quellen als Antwort herausgefunden.“
  • Text an je eine Hälfte der Klasse verteilen
  • Die Texte können allein gelesen und mit dem Partner besprochen werden.
  • Spontanäußerungen: „Jetzt verstehe ich, warum die Bilder in der Kirche hängen usw.“
  • Auswertung/Unterrichtsgespräch mit folgendem Ergebnis: In Forstenried entstand ein Wallfahrtsort, weil viele Menschen sich von dem Kreuz Wunder, z. B. Heilung von Krankheiten erwarteten. Die Wallfahrt zum Forstenrieder Kreuz kann als Beweis dafür gelten, dass sich die Menschen dort Wundertaten Gottes erhofften. Die Heilung von einer Krankheit galt im Mittelalter als Wunder.
6. Schritt: Bildung eines Sachurteils
  • Impuls zur Sachurteilsbildung: „Heute können viele Kranke geheilt werden. Das ist für uns kein Wunder mehr. Deshalb würden wir vielleicht sagen, der mittelalterliche Mensch war dumm, weil er glaubte, dass Krankheiten durch ein Wunder geheilt werden. Heilen kann doch nur ein Arzt!“
  • Sachurteil bilden mit etwa folgendem Inhalt: Die Menschen damals aber waren nicht dumm und ihre Gedanken falsch, sondern sie waren von ihren Lebensumständen und ihrer Denkweise her geprägt. Sie konnten sich manche Dingen nicht erklären. Sie konnten auch Dinge nicht einfach nachlesen, weil sie zum einen nicht lesen gelernt hatten und ihnen zum anderen kaum Bücher zur Verfügung standen.
7. Schritt: Bildung eines Werturteils
  • Impuls zur Bildung eines Werturteils und zum Entwickeln von Toleranz bei gegenwärtigen Glaubensunterschieden zwischen Konfessionen: „Auch heute glauben Menschen an Gott. In unserer Klasse sind die meisten Kinder katholisch und evangelisch. Es gibt aber glaubenslose oder muslimische Kinder. Die christlichen Kinder glauben anders als muslimische Kinder oder aber auch gar nicht an Gott!“
  • Unterrichtsgespräch mit etwa folgendem Inhalt: Kinder haben meist den Glauben ihrer Eltern. Wir sollten einer anderen Glaubens- und Denkweise gegenüber nicht überheblich sein, eben auch mittelalterlichen Menschen gegenüber; sie haben einfach anders gedacht. Wir sollten versuchen, uns in ihre Perspektive zu versetzen, zumindest versuchen, sie zu verstehen.
8. Schritt: Reflexion über die Beantwortung von Fragen an die Vergangenheit mit den benutzten Quellen und Überleitung
  • Impuls zur Reflexion: „Wir wollten herausbekommen, warum so viele Menschen zu dem Forstenrieder Kreuz kamen! Dazu haben wir Quellen benutzt!“
  • Schüleräußerungen: „Wir haben die Bilder hier in der Kirche und die Geschichte im Andechser Messbuch verwendet. Die Menschen kamen, weil sie glaubten, das Kreuz könne Wunder vollbringen.“
  • Impuls: „Uns hat aber auch etwas weitergeholfen, was keine Quelle ist!“
  • Schüleräußerungen: „Die Texte der Historiker sind keine Quellen. Sie haben ihre Ergebnisse aber mit Hilfe von Quellen heraus bekommen.“
  • Überleitung: „Ihr habt vermutet, dass die in der Geschichte erzählten Wunder wahrscheinlich nicht wirklich geschehen sind. Wie können wir das prüfen?“