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Vorbereitungen

Kontaktaufnahme mit dem Archivpfleger

Bevor Sie mit Ihren SchülerInnen ein Archiv besuchen, sollten Sie dort mit dem zuständigen Archivpfleger die Quellenlage erkunden. Es macht keinen Sinn, ein Archiv unvorbereitet aufzusuchen, da zum einen „nur“ Schachteln oder Pappordner mit Papier zu sehen sind und zum anderen die Suche nach passenden Quellen für die SchülerInnen zu schwierig, zeitaufwändig und deshalb auch demotivierend wäre.

Beim Vorbesuch klären Sie auch, welche Quellen beim Besuch gezeigt und mit welchen gearbeitet werden soll. Besprechen Sie, was der Archivar den SchülerInnen über das Wesen eines Archivs berichten soll.

Arbeit mit der Urkunde
  • Transkription
    Der verantwortliche Archivpfleger der Pfarrei wird Ihnen bei der Auswahl und beim Übertrag des Quellentextes (Transkription) von der heute nicht mehr gebräuchlichen Schreibform in unsere Schrift helfen. Die mittelalterliche Sprache bleibt erhalten. Eine solche Transkription soll Ihren SchülerInnen in erster Linie bewusst machen, dass sich die mittelalterliche deutsche Sprache von unserer heutigen Sprache unterscheidet, aber doch ähnlich klingt. Die SchülerInnen erkennen auch: Um einen Text in mittelalterlicher Sprache zu verstehen, muss man ihn erst in unsere Sprache übersetzen.
  • Übersetzung
    Der Archivpfleger wird Ihnen in der Regel auch helfen können, wenn Sie einen Quellentext in unsere Sprache übersetzen wollen.
  • Original - Faksimile
    Idealerweise sollten die SchülerInnen den Urkundentext im Original anschauen können. Aus konservatorischen Gründen darf man die schriftlichen Quellen nicht mit den Fingern beim Lesen berühren. Deshalb sollten Sie – falls möglich – Kopien des Originals anfertigen. Ist bereits eine sehr echt wirkende Kopie des Originals (Faksimile) vorhanden, benutzt man dieses als Kopiervorlage. Darüber hinaus fertigen sie Abzüge von Transkription und Übersetzung des Textes, der gegebenenfalls in kleinere Abschnitte unterteilt wurde, an. Arbeitsaufträge auf diesem Blatt erleichtern die Texterschließung.
Über den Umgang mit schriftlichen Quellen
  • Für die inhaltliche Erschließung sollte die Lehrkraft nicht zu lange und nur wesentliche Stellen auswählen. Da der mittelalterliche Urkundentext weniger Interpunktionszeichen enthält, muss man hier sinngemäß einen Einschnitt suchen.
  • Auslassungen des Originaltextes bzw. Änderungen sollte man so wenig wie möglich vornehmen. Manchmal sind sie aber (besonders für leistungsschwächere SchülerInnen) unumgänglich. Dann muss man sie allerdings als solche kenntlich machen, indem sie in eckige Klammern setzt, also „[...]“ für ausgelassene Stellen und „[=der Ehemann]“ als eigene Erklärung oder Ergänzung.
  • Mittelhochdeutsche Ausdrucksweisen können mit Fußnote auf der Rückseite des Arbeitsblattes erklärt werden. So bleibt den Lernenden die Möglichkeit des Enträtselns der Sprache erhalten. Sie entdecken darüber hinaus die andersartige mittelalterliche Orthographie und Interpunktion.
  • Formulierte Fragen im Anschluss helfen den Lernenden, den Text zu erschließen. Jedoch sollte man versuchen, jene im Laufe von mehreren Einheiten immer offener zu stellen, um die inhaltliche Erschließung der Quelle nicht in eine bestimmte Richtung zu lenken.
  • Die gesamte Transkription kann interessierten SchülerInnen in der Leseecke angeboten werden.
Arbeitsblätter

Im Materialteil dieser Einheit finden Sie Beispiele, wie sie mit den im Archiv Ihrer Schulpfarrei vorhandenen Urkunden umgehen können: die Transkription und Arbeitsblätter mit ausgewählten Textstellen und Fragen zum Urkundentext. Je nach Leistungsvermögen der SchülerInnen wählt man hierfür transkribierte oder übersetzte Textteile der Urkunde für die Bearbeitung aus.

Wie finde ich Stiftungsurkunden?

Um Hinweise auf die mögliche Existenz von Stiftungsurkunden zu finden, empfiehlt sich zunächst ein Blick in ortsgeschichtliche Darstellungen, die meist zur Standardliteratur von Schulbibliotheken gehören. Achten Sie jedoch darauf, dass wissenschaftlich sauber recherchiert wurde (Angabe von Quellen und von herangezogenen Darstellungen in Anmerkungen). Prüfen Sie die Hintergrundinformationen kritisch.

Auch in den Heimatkundlichen Stoffsammlungen, die in den 1980er Jahren von Lehrkräften für Lehrkräfte an jeder Schule in Bayern angelegt wurden, sind gegebenenfalls Benefiziumsstiftungen erwähnt. Leider fehlt aber sehr oft die Angabe des Aufbewahrungsortes der Urkunden. Größtenteils vermisst man auch Vermerke über andere benutzte Quellen oder Hinweise auf deren Aufbewahrungsort. In einigen Fällen übernahmen die Autoren unkritisch die Texte von früheren Darstellungen, in denen oftmals nicht wissenschaftlich korrekt gearbeitet wurde, sondern mündlich tradierte Erzählungen aufgeschrieben worden waren.

Wenden Sie sich deshalb im nächsten Recherche-Schritt an das zuständige Pfarramt. Hier bekommen Sie Auskunft über Personen, die sich mit der Geschichte des Schulortes befassen. Meist gibt es einen Verantwortlichen für das Pfarrarchiv, der dessen Bestand genau kennt. In der Regel kann er auch die Urkunden transkribieren oder zumindest Personen nennen, die dabei weiterhelfen. Oftmals liegt bei wichtigen Urkunden bereits eine Transkription in gedruckter Form in Pfarr- oder Ortschroniken vor. Falls sich das Original einer wichtigen Urkunde nicht mehr im Pfarrarchiv befindet, so existiert dort vielleicht zumindest ein Faksimile, mit dem man arbeiten kann.

Es kann nicht Sinn und Zweck sein, hier alle Benefizienstiftungen, die in bayerischen Archiven vorhanden sind, vollständig zu sammeln. Die folgenden Hinweise verstehen sich als Beweis, dass sich im Raum München wie auch im übrigen Bayern sehr viele Stiftungsurkunden finden lassen, mit denen ähnlich wie in dem vorgestellten Modell vorgegangen werden kann. Der anschließende Wegweiser möchte Ihnen helfen, selbst derartige Stiftungen für Ihren Schulort zu entdecken und an fachkundige Ratgeber zu gelangen.

Stiftungsurkunden im Raum München – ausgewählte Beispiele
1. Höhenkirchen

Urkunde über die Stiftung eines Benefiziums durch das Ehepaar Hanns und Adelheit Wager von 1493

Das Original wird im Stadtarchiv München aufbewahrt; eine ausgezeichnete Faksimile-Ausgabe befindet sich im Besitz der Pfarrei Höhenkirchen.

Die Urkunde kann genau wie im beschriebenen Unterrichtsmodell eingesetzt werden. Das Ehepaar Wager hat durch Stiftung eines Hauses, von Land und Abgaben den Lebensunterhalt eines Priesters gesichert, der im Gegenzug in Höhenkirchen gottesdienstliche Verpflichtungen einging. Eine Transkription des Urkundentextes liegt bereits schriftlich vor. Darüber hinaus existieren einige, gut nutzbare Sachquellen in der Kirche (Grabstein des ersten Priesters, Grabstein der Stifter)

Nähere Auskünfte und Hilfen sind erhältlich beim Betreuer des Pfarrarchivs (Tel. über Pfarramt).

2. Siegertsbrunn

Urkunde über die Stiftung eines Benefiziums durch mehrere Stifter von 1460

Das Original wird im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München aufbewahrt; eine Faksimile-Ausgabe befindet sich im Besitz der Pfarrei Siegertsbrunn.

Die Urkunde kann ähnlich wie im beschriebenen Unterrichtsmodell eingesetzt werden. Verschiedene, namentlich aufgeführte Stifter ermöglichten es durch die in der Urkunde genau beschriebenen Zuwendungen, dass ein Kaplan für täglich zu haltende Gottesdienste eingesetzt wurde. Eine Transkription und eine Übersetzung des Urkundentextes liegt bereits schriftlich vor. Darüber hinaus existiert in der Kirche eine gut nutzbare Sachquelle, nämlich der Grabstein des ersten Kaplans.

Nähere Auskünfte und Hilfen sind erhältlich beim Betreuer des Pfarrarchivs (Tel. über Pfarramt).

3. Hohenbrunn

Zahlreiche Urkunden über Stiftungen von einzelnen, jährlich zu haltenden Messen sind im Pfarrarchiv im Original mit Siegel erhalten. Eine Begegnung mit der originalen Urkunde kann für die Lernenden besonders motivierend sein.

Die Urkunden können ähnlich wie im beschriebenen Unterrichtsmodell eingesetzt werden. Einzelne Personen stifteten Geld oder Ländereien, um für sich jährlich einmal zu haltende Messen zu sichern. Die Texte sind nach kurzem Einarbeiten in das Lesen der Schrift gut auch von einem Laien zu transkribieren und zu übersetzen.

Nähere Auskünfte und Hilfen sind erhältlich beim Betreuer des Pfarrarchivs (Tel. über Pfarramt).

4. Pullach

Eine Urkunde aus dem Jahr 1369 über die Zustimmung zu der Stiftung eines Benefiziums durch Pfarrer Hartwig Häumel existiert, ebenso ein mehrfach gesiegelter Konfirmationsbrief aus dem Jahr 1373, mit dem Pfarrer Häumel den Bestand seiner Stiftung rechtlich sichern wollte.

Beide Schriftstücke können ähnlich wie im beschriebenen Unterrichtsmodell eingesetzt werden. Der ortsansässige Pfarrer Hartwig Häumel hatte das Amt eines „Techanten“ (Dekan) inne, weshalb sein Tätigkeitsbereich oftmals außerhalb seiner Pfarrei lag. Aufgrund seiner unregelmäßigen Anwesenheit in der Pfarrei stiftete er das Benefizium: ein „Frühmesser“ soll fortan täglich die Messe lesen.

(vgl. Eisenhofer, Dieter: Das Pullacher Benefizium, in: Pfarrei St. Nikolaus Pullach (Hg.): Pfarrei Pullach. Ein Blick durch die Jahrhunderte. Heimatbuch für die ehemaligen Gemeinden Arnhofen und Pullach, Pullach 1995, S. 133-136.)