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1 Schülervorstellungen zu Schattenphänomenen
1.1 Schatten als Abbild des Gegenstandes/Gestaltähnlichkeit
1.2 Räumlich-geometrische Korrelation von Gegenstand und Schatten
1.3 Korrelation von Gegenstand, Schatten und Lichtquelle
1.4 Der Schatten ist dort, wo intensives Licht vorhanden ist
2 Literaturhinweise



1 Schülervorstellungen zu Schattenphänomenen

H.Wiesner, 2003

Vorstellungen von Grundschulkindern zu verschiedenen Schattenphänomenen wurden sehr intensiv untersucht (Beispiele zur Literatur sind am Ende angegeben). Zusammenfassend kann man sagen: Zweitklässler haben i.d.R. noch keine physikalisch angemessene Vorstellung von der Entstehung von Schatten, aber es bereitet ihnen auch keine Schwierigkeiten eine solche Vorstellung zu akzeptieren und zu lernen.

Im Folgenden werden einige Ergebnisse aus Untersuchungen mit Zweitklässlern beschrieben, deren Kenntnis für das Verstehen von Schüleräußerungen im Klassengespräch nützlich ist. Als Methode wurde das teilstrukturierte Interview angewendet. Die angeführten Zitate der Schülerinnen und Schüler beziehen sich auf die folgenden Abbildungen, die ihnen im Gespräch vorgelegt worden waren.

ss_vorst1
Abbildung 1: Wo entsteht der Schatten?

ss_vorst2
Abbildung 2: Umfahre den richtigen Schatten

ss_vorst3
Abbildung 3: Welche Lampe brennt?

ss_vorst4
Abbildung 4: Zwei Sonnen gehören nicht in dieses Bild. Streiche durch!

ss_vorst5
Abbildung 5: Vor einer eingeschalteten Taschenlampe steht ein Kegel. Gibt es auf dem Tisch einen Schatten?

1.1 Schatten als Abbild des Gegenstandes/Gestaltähnlichkeit

Sollen die Schüler unter mehreren vorgegebenen Schattenfiguren die Zutreffende auswählen, so ist des allerwichtigste Kriterium für ihre Wahl, dass der Schatten ein genau passendes Abbild des Gegenstandes darstellt, also eine möglichst ähnliche Gestalt besitzt. In Abbildung 1 ist der Schornstein des richtigen Schattenbildes zufällig dem Original am ähnlichsten. Deshalb begründen die Kinder ihre Zuordnung auch damit, z.B.:

S2: Weil die anderen (Schornsteinschatten) dicker sind.

S16: Weil, das hat genau auch da den Schornstein, aber diese da haben einen größeren und das da hat einen kleineren.


Bei der Abbildung 2 wählen viele Kinder einen falschen Schatten (nach links oben bzw. rechts unten zeigend) und begründen dies z.B. folgendermaßen:

S5: Weil der so einen dünnen Hals hat wie die Vase.
I: Wenn dieser Schatten hier (richtige Orientierung) so schmal wäre
S5 (unterbricht): Dann könnte es meiner Meinung nach sein.
I: Und der hier, der nach rechts zeigt, könnte der es auch sein?
S5: Nein, der hat einen noch dünneren Hals.


Das gleiche Kind bei Bild 5:
S5: Der Schatten entsteht dadurch, dass die (Taschenlampe) da (Kegel) drauf leuchtet und der Kegel, der wirft den Schatten dann hierhin. Das gibt `ne Abbildung von dem Kegel.

1.2 Räumlich-geometrische Korrelation von Gegenstand und Schatten

Hier werden von den betreffenden Kindern Gegenstand und Schatten schon in eine räumliche Beziehung gesetzt. Man kann zwei Untertypen unterscheiden:

1.2.1 Der Schatten ist „hinter“ dem Gegenstand (kein Hinweis auf Lichtquelle)

S11: Und zwar, weil das genau hinter dem Haus ist, darum habe ich das auch da angekreuzt, weil ja immer hinter dem Haus der Schatten ist.

S17: Weil er genau hinter dem Haus steht.


Der Schatten ist also hinter dem Gegenstand, wobei der Bezugspunkt nicht explizit genannt wird.

1.2.2 Räumliche Nähe des Schattens zum Gegenstand

Nach dieser Vorstellung bzw. Kriterium ist es wesentlich, dass der Schatten sich direkt am Gegenstand befindet bzw. möglichst nahe ist. Die Antworten beziehen sich auf Bild 1.

S20: Weil das Haus so nahe dran steht. Es kann nicht sein, wenn ein Haus da steht, dass der Schatten wo ganz anders steht.

S19: Weil der näher bei dem (Haus) ist.

1.3 Korrelation von Gegenstand, Schatten und Lichtquelle

Diese Vorstellung entspricht schon weitgehend der physikalisch erwünschten Vorstellung. Lichtquelle, Gegenstand und Schatten werden räumlich in die richtige Beziehung gesetzt und oft ist damit auch eine angemessene Erklärung für die Schattenentstehung verknüpft. (Bezug zu Abb. 1 und 2)

S6: Weil die Lampe, die leuchtet dann auf das Spielzeughaus, dann kann ja nicht hier (zeigt auf linken Schatten) ein Schatten, sondern hier, nur hinter dem. Immer hinter den Sachen.

S12: Weil nämlich das Licht strahlt, dann hierhin und dann knallt das da an die Wand, geradeaus.

S12: Die Kerze geht da auch so und dann wird‘s dann so gestrahlt (S12 macht Handbewegung von der Kerze aus bis zum Schatten.)
I: Hm, der Schatten wird gestrahlt?
S12: Nö, das Licht kann ja nicht da (Vase) durch, deswegen entsteht da ein Schatten.

1.4 Der Schatten ist dort, wo intensives Licht vorhanden ist

Etwa 10% der Kinder zeichnen in Bild 5 den Schatten nach rechts, also zur Taschenlampe hin. Dahinter steckt die Erfahrung, dass der Schatten besonders deutlich zu sehen ist, wenn intensives Licht vorhanden ist

I: Und warum der? (bei Bild 2)
S20: Weiß ich nicht genau, kann ich nicht erklären ... Es gibt ja keinen geradeaus (zur Kerze hin)!
I: Aha, wenn hier zur Kerze noch einer gemalt wäre (skizziert), dann hättest du den genommen?
S20: Ja, hätte ich.
I: Für dich war der richtige Schatten gar nicht dabei?
S20: Nein, da (zeigt auf den neu skizzierten Schatten).

S3: Weil, wenn die hintere (Lampe) runterscheint, dann wäre der Schatten auf der (der Lampe zugewandten) Seite. (bei Bild 3)
I: Also zur Lampe hin?
S3: Ja, weil er im Licht, so ...
... Weil der Schatten da ist, wo es hell ist.


I: (erläutert Anordnung, Bild 5): Was meinst Du, entsteht da ein Schatten?
S20: Ja.
I: Kannst du ihn mal einzeichnen?
S20: (skizziert)
I: Kannst du ihn mal einzeichnen?
S20: Ja ... der muss ja da entstehen, wo das Licht hinkommt, eigentlich.
I: Also, von der Taschenlampe kommt das Licht hier von der Seite her -
S20: (unterbricht): Ja, und da (vor Kegel, zur Lampe hin) entsteht der Schatten, wo das Licht ist.


2. Literaturhinweise

  • Blumör, R. (1993): Schülerverständnisse und Lernprozesse in der elementaren Optik. Westarp Wissenschaften, Magdeburg/Essen
  • Murmann, L. (2002): Physiklernen zu Licht, Schatten und Sehen. Eine phänomenografische Untersuchung in der Primarstufe. Logos Verlag, Berlin
  • Claus, J., Wiesner, H. (1985): Vorstellungen zu Licht und Schatten bei Schülern der Primarstufe. Sachunterricht und Mathematik in der Primarstufe 13, S.318-322
  • Wiesner, H. (1991): Vorstellungen von Grundschülern über Schattenphänomene. Sachunterricht und Mathematik in der Primarstufe 19, S. 155-171