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Inhalt:

1. Didaktische Überlegungen
2. Schülervorstellungen
3. Überblick über die Sequenz

4. Literatur


1. Didaktische Überlegungen

Die Erscheinungen und Fragestellungen der Wärmelehre gehören zu den Standardthemen des Sachunterrichts. Im Folgenden sollen die allgemeineren Gesichtspunkte der Konzeption der Unterrichtseinheit "Wärmelehre" in SUPRA begründet werden, die explizit auf die Einführung des Wärmebegriffs verzichtet. Der Schwerpunkt unserer Konzeption liegt auf einer begründeten Behandlung der Temperatur und des Prinzips des Temperaturangleichs als allgemein gültige Aussage.

Achtung, an dieser Stelle noch ein Hinweis zum Materialgebrauch! Bitte verzichten Sie für die Temeraturmessung auf die Verwendung von Quecksilberthermometern, deren Gebrauch im Schulunterricht ist verboten.

1.1 Schülervorstellungen und Lernschwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Wärmebegriff

Untersuchungen über Schülervorstellungen und Lernschwierigkeiten haben gezeigt, dass der Wärmebegriff auch noch Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe erhebliche Probleme bereitet (siehe auch den Absatz Schülervorstellungen). Wärme wird oft im Sinne einer 'Wärmesubstanz' und auch als Eigenschaft 'warm' gesehen. Ebenfalls gibt es für die Schüler und Schülerinnen eine 'Kältesubstanz'. Unklar bleibt dabei, ob ein Gegenstand mit einer Temperatur von 10° C mehr Wärme- oder mehr Kältesubstanz enthält.

Sogar Studierende für das Lehramt für Physik sind oft nicht in der Lage, Temperatur und Wärme physikalisch sauber zu trennen. Wir ziehen daraus die Folgerung, dass es für Kinder im Grundschulalter noch schwieriger sein dürfte, einen anwendungsfähigen und weiterführenden Wärmebegriff zu erlernen. Dies ist ein erster Grund, auf die Einführung des Wärmebegriffs zu verzichten und sich auf den Temperaturbegriff zu beschränken. Empirische Untersuchungen haben bestätigt, dass die wesentlichen Aspekte des Temperaturbegriffs Grundschulkindern erfolgreich vermittelt werden können.

1.2 Sachbedingte Lernschwierigkeiten mit dem Wärmebegriff

Der Energiebegriff gehört in der Physik zu den wichtigsten Begriffen. In den einflussreichen Standards aus den USA wird die Einführung des Energiebegriffs und eines darin eingeordneten Wärmebegriffs sogar für die Primarstufe empfohlen. Entsprechend ihrer umfassenden Bedeutung ist die Energie ein sehr abstrakter Begriff. Zentral ist für den Energiebegriff, dass er eine abstrakte Bilanzgröße ist. Die für den Bereich der Wärmelehre relevante Energieform ist die so genannte 'Innere Energie' (U). In vereinfachenden Darstellungen, wie sie im Sachunterricht üblich sind, wird statt dieser physikalisch korrekten Bezeichnung meist der Begriff 'Wärme' verwendet. In der Wärmelehre versteht man darunter aber nicht die in einem Körper gespeicherte Energie, sondern den Energiebetrag, der auf bestimmte Art - nämlich bei Berührung zweier Körper mit unterschiedlicher Temperatur - vom kälteren zum wärmeren Körper fließt. Damit ist deutlich, dass bereits aus rein fachlicher Perspektive ein komplexer, schwieriger Begriff vorliegt.

Die Innere Energie bzw. die Wärme kann im Rahmen des Sachunterrichts nicht direkt gemessen werden. Der Betrag, um den sich die Innere Energie aufgrund eines Wärmeflusses ändert, hängt von drei Größen ab: von der Temperaturänderung Delta T, der Stoffmenge bzw. der Masse m und der Stoffart (spezifische Wärmekapazität c). Eine einfache qualitative Aussage ist deshalb nicht möglich. Auch vereinfachende je-desto-Aussagen (z.B. "Mit der Menge der aufgenommenen Wärme steigt die Temperatur.") stoßen schnell an Grenzen. Ein Topf mit kochendem Wasser auf der Herdplatte bekommt ständig Energie zugeführt und dennoch bleibt die Temperatur des kochenden Wassers konstant bei 100° C (analoges gilt für die Zustandsänderung Eis-Wasser). Als Konsequenz verzichten wir auf den abstrakten, komplexen Energiebegriff in der Grundschule.

Ist jedoch in der Grundschule ein tragfähiger, grundlegender Temperaturbegriff aufgebaut, kann im späteren Physikunterricht in der Sekundarstufe eine Erweiterung durch den Begriff der Innere Energie erfolgen.

1.3 Das Prinzip des Temperaturangleichs als ausreichendes Konzept für die Wärmelehre im Sachunterricht

Das dritte Argument für den Verzicht auf den Wärmebegriff lautet: Alle für den Sachunterricht relevanten Themen lassen sich ausreichend allein mit dem Temperaturbegriff und dem Prinzip des Temperaturangleichs, das die Richtung angibt, in der die Vorgänge ablaufen, beschreiben. Die vorgeschlagenen Unterrichtseinheiten belegen dies. Energetische Betrachtungen sind zunächst überflüssig, sie sollten erst in der Mittelstufe behandelt werden.

2. Schülervorstellungen

Die bei den Schülerinnen und Schülern vorhandenen Wissens- und Denkstrukturen bestimmen die Verarbeitung angebotener Informationen. Sie greifen aktiv in den Prozess der Informationsverarbeitung ein, sie steuern die Bewertung und Interpretation, bestimmen, welche Teile weggelassen oder hinzugefügt werden. Kenntnisse über diese Strukturen sind für die Konstruktion Erfolg versprechender Lernangebote von fundamentaler Bedeutung.

Eine größere Zahl von Untersuchungen zu den Inhalten der Wärmelehre bei Schülerinnen und Schülern ab der 6. Klassenstufe liegen vor. Dort auftretende Lernschwierigkeiten werden vermutlich auch bei jüngeren Schülerinnen und Schülern zu berücksichtigen sein (z. B. begriffliche Trennung von Temperatur und Wärme) und werden deshalb im Folgenden mit aufgenommen. Die einzige uns bekannte Untersuchung mit Schülerinnen und Schülern der Grundschule konzentriert sich auf Fragestellungen, die mit dem in SUPRA vorgeschlagenen zentralen Prinzip des Temperaturangleichs in enger Verbindung stehen.

2.1 Wärme und Temperatur in der Alltagssprache

Das Wort 'Wärme' wird in der Umgangssprache meist für die Beschreibung eines Zustandes mit einer höheren Temperatur verwendet ("Hier ist aber eine Wärme drin" als Synonym für "Hier ist es aber warm drin"). Eine begriffliche Differenzierung zwischen Temperatur und Wärme entwickelt sich i.d.R. auch nicht durch den Unterricht in den Klassen 5 bis 10. Selbst bei Studierenden für das Lehramt in Physik lassen sich erhebliche Schwierigkeiten nachweisen. Teilweise wird mit 'Wärme' und 'Kälte' auch eine substanzartige Vorstellung verbunden: ein Körper kann mehr oder weniger Wärme gespeichert haben, und je mehr Wärme er hat, desto höher ist seine Temperatur. Entsprechendes gilt für die 'Kälte(-substanz)'.

2.2 Temperatur

Genau wie das Wort 'Wärme' kennen schon sehr junge Kinder den Ausdruck 'Temperatur' aus dem Alltag und verwenden ihn auch aus physikalischer Perspektive angemessen, nämlich im Sinne von 'warm-kalt'. Schülerinnen und Schüler im Alter von 8 bis 12 Jahren sind i.d.R. in der Lage, ein Thermometer zu benutzen und die Temperatur abzulesen. Die Erfahrung, dass sich im gleichen Zimmer liegende Gegenstände aus verschiedenem Material unterschiedlich warm anfühlen, wird so gedeutet, dass diese Gegenstände auch unterschiedliche Temperaturen haben. Dementsprechend werden die Gegenstände je nach Material in eher warme und eher kalte Dinge eingeteilt: Gegenstände aus Metall sind kälter, Gegenstände aus Holz, Textilien gehören zu den wärmeren.

2.3 Temperaturänderungen

Schülerinnen und Schüler glauben oft, dass die Temperatur eines Gegenstandes mit seiner Größe zusammenhängt. Ein großer Eiswürfel hat für sie eine niedrigere Temperatur als ein kleiner und schmilzt deswegen langsamer. Umgekehrt hat für Schülerinnen und Schüler ein größerer Topf mit heißem Wasser eine höhere Temperatur als ein kleinerer Topf (mit gleicher Wassertemperatur).

Das Abkühlen und Erwärmen von Speisen und Gegenständen wird als ein "natürlicher" Vorgang angesehen, der Einfluss der Luft als Interaktionspartner, die sich mit der Abkühlung der Speise gleichzeitig etwas erwärmt, wird nicht in Betracht gezogen.

2.4 Wärme

Schülerinnen und Schüler im Alter von 8 bis 12 Jahren verbinden Wärme neben der Eigenschaft 'warm' oft mit etwas 'Substanzartigem', das in mehr oder weniger großem Umfang in einem Gegenstand gespeichert werden kann. Weitere Vorstellungen sind verknüpft mit Wärme als 'etwas von Wärmequellen Abgegebenes', dem Grad der Hitze eines Objekts und den Effekten, die Wärme als etwas Aktives und Lebendiges auf Gegenstände ausübt, wie z.B. die Erwärmung, die Änderung der Aggregatzustände, die Wärmeausdehnung etc.

Befragungen von 14 bis 16-jährigen Schülererinnen und Schülern, die bereits Inhalte der Wärmelehre im Physikunterricht behandelt hatten, zeigen die Schwierigkeiten mit diesem Begriff. Sie verknüpfen den Begriff 'Wärme' immer noch mit seiner im Alltag gebräuchlichen Bedeutung und verwenden ihn nicht im physikalisch zutreffenden Sinne.

2.5 Wärmeleitung

Nahezu jede Schülerin und jeder Schüler ab dem Alter von 10 Jahren ist sich bewusst, dass ein warmer Gegenstand in der Lage ist, einen anderen kälteren Gegenstand aufzuwärmen, wenn die beiden Gegenstände in direkten Kontakt miteinander kommen. Bei Versuchen, Wärmeleitphänomene zu erklären, wird häufig der Fluss einer 'Wärmesubstanz' angenommen: sie fließt von dem heißeren zum kälteren Körper bzw. von heißeren zu kälteren Stellen. Im entsprechenden Sinne wird auch die Bewegung einer 'Kältesubstanz' verwendet.

Die Erfahrung, dass Metall schneller heiß wird als Gegenstände aus Holz oder Plastik, erklären Schüler damit, dass Metall die Neigung hat, Wärme besser als andere Stoffe zu speichern.

Eine andere Vorstellung geht davon aus, dass die Wärme bei Metallen auf der Oberfläche verbleibt und sich ein Metalllöffel folgerichtig heißer als ein Plastiklöffel anfühlt:

S: „Bei Plastik zieht das Warme sich mehr ein als bei Metall.“
I:  „Also der [=Metalllöffel] fühlt sich wärmer an als der [=Plastiklöffel]?“
S: „Ja, da [=Metalllöffel] zieht es ja langsamer ein als da [=Plastiklöffel].“


Einige Schüler erklären, dass Metalle sich (bei Zimmertemperatur) kälter anfühlen, weil sie Kälte anziehen oder Wärme an die sie umgebende Luft verlieren.

2.6. Das Prinzip des Temperaturangleichs

Untersuchungen von Wiesner und Stengl haben gezeigt, dass Schülerinnen und Schüler der 3. Jgst. Teilaspekte des Prinzips des Temperaturangleichs bei Erklärungen spontan heranziehen, allerdings oft mit einer Zentrierung auf einen der beiden Wechselwirkungspartner: Ein in kühles Wasser gestellter heißer Löffel kühlt ab, aber das Wasser erwärmt sich für die meisten Schülerinnen und Schüler nicht. Eine in Wasser gelegte Stahlkugel aus dem Gefrierfach kühlt dagegen das Wasser ab (für 2/3 der befragten Schülerinnen und Schüler erwärmt sich die Stahlkugel). Für die Mehrzahl der Schülerinnen und Schüler sind aber die Endtemperaturen nicht gleich! Es hat den Anschein, als ob eine Vorstellung von asymptotischer Annäherung vorhanden sei.

2.7 Folgerungen

Aus den angeführten Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler lässt sich erkennen, dass physikalisch akzeptable Vorstellungen nur in Ansätzen vorhanden sind, ein Unterricht über Wärmelehre also sinnvoll ist. Die Untersuchungen lassen weiterhin erkennen, dass die Einführung des Temperaturbegriffs und das Prinzip des Temperaturangleichs auf keine besonderen Schwierigkeiten stoßen dürften.

Da selbst ältere Schülerinnen und Schüler, die ausführlich in Wärmelehre unterrichtet wurden, keine differenzierte Begriffsbildung zu dem Begriffspaar 'Temperatur' und 'Wärme' aufweisen und an dem Alltagsgebrauch der beiden Begriffe festhalten, lässt sich folgern, dass man sich in der Grundschule auf den grundlegenden Begriff 'Temperatur' beschränken und den physikalischen Begriff 'Wärme' vermeiden sollte. Dadurch soll der synonyme Gebrauch der beiden Begriffe bei den Schülerinnen und Schülern verhindert werden. Mit diesem Ansatz können die Schülerinnen und Schüler zunächst den Begriff 'Temperatur' physikalisch angemessen lernen und verwenden. Für alle Phänomene, die für den Sachunterricht in der Grundschule relevant sind, reichen der Begriff 'Temperatur' und das Prinzip des Temperaturangleichs völlig aus.

3. Überblick über die Sequenz

Themen der Stunde Inhalt der Stunde
1. Wir untersuchen unser Empfinden für warm und kalt Durch Untersuchen des eigenen Empfindens für 'warm' und 'kalt' erkennen die Schülerinnen und Schüler, dass es in der Haut Sinnesrezeptoren jeweils für die Empfindungen 'kalt' und 'warm' gibt und dass diese je nach Hautpartie unterschiedlich dicht eingelagert sind. Die Schülerinnen und Schüler erkennen, dass das Temperaturempfinden subjektiv ist.
2. Wir messen Temperaturen mit einem Thermometer und lernen verschiedene Thermometer kennen Anknüpfend an die Erkenntnis der ersten Unterrichtseinheit ("Temperaturempfinden ist subjektiv") wird erarbeitet, dass für das genaue Messen von Temperaturen ein Messinstrument (Thermometer) nötig ist. Die Schülerinnen und Schüler messen Temperaturen mit Thermometern und lernen dabei verschiedene Thermometer kennen.
3. Wir messen Temperaturen mit dem Oberflächen-Digitalthermometer In Kleingruppen messen die Schülerinnen und Schüler mit dem Oberflächen-Digitalthermometer verschiedene Gegenstände im Klassenraum, um den Umgang mit diesem Thermometer zu üben.
4. Warum stellt Mama die zu heiße Babyflasche in einen Topf mit kaltem Wasser? Die Schülerinnen und Schüler führen Versuche zum Temperaturangleich durch. Sie formulieren ihre Beobachtungen, im Unterrichtsgespräch wird das Prinzip des Temperaturangleichs bei Gegenständen formuliert.
5. Warum haben die meisten Pfannen Plastikgriffe? Anwendung des Temperaturangleichs (Gute und schlechte Wärmeleiter): Die Schülerinnen und Schüler führen einen Versuch zum Temperaturangleich in verschiedenen Materialien durch. Sie stellen fest, dass Metalle die Temperatur schneller angleichen.
6. Warum hält die Styroporbox warm? Anwendung des Temperaturangleichs (Luft als schlechter Wärmeleiter): Die Schülerinnen und Schüler führen Versuche zum Temperaturangleich in Luft durch. Sie stellen fest, dass Luft die Temperatur langsam angleicht. Sie erfahren, dass Styropor, Fell, Wolle u.a. Materialien viel Luft enthalten und verhindern, dass Luft wegströmt, so dass sich diese Materialien gut dazu eignen, Gegenstände kalt oder warm zu halten.
7. Macht eine Wollmütze die Ohren warm? Temperaturangleich bei Menschen und Säugetieren Anwendung des Temperaturangleichs auf lebende Organismen: schwitzen - frieren
8. Zusatzangebote  

4. Literatur

Benchmarks for Scientific Literacy (1993). Project 2061, AAAS, Oxford University Press, New York, Oxforda

National Research Council (1996): National Science Education Standards. Washington: National Education Press.

Stengl, D.; Wiesner, H. (1984): Vorstellungen von Schülern der Primarstufe zu Temperatur und Wärme. In: Sachunterricht und Mathematik in der Primarstufe 12, S. 445-452

Wiesner, H. (1984), “Warm – kalt”. Didaktische Überlegungen zu einem Standardthema in der Grundschule. Sachunterricht und Mathematik in der Primarstufe 12, S. 160-164

Wiesner, H.; Claus, J. (1986): Temperatur und Temperaturangleich. Sachunterricht und Mathematik in der Primarstufe